Eis essen in Ohligs
Der Exkrementenschaufler
Das rote Schaf, ein Für und Wider
Damit uns andere intelligente Bewohner des Weltalls endlich entdecken, sollten wir vielleicht ein knallrotes Schaf auf den Gipfel des Mount Everest stellen. Aber vielleicht sollten wir das auch lieber sein lassen – hinterher kommen die falschen Leute zu Besuch.
- Die Gräfin -
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Eigentlich kann man einem Menschen nicht wirklich böse sein. Jeder hat in der Regel genug damit zu tun, sich selbst zu lieben oder es wenigstens zu versuchen, und verliert darüber schnell das Maß.
Menschen können, so gesehen, nichts dafür, wie sie sind und was sie tun, sie sind Getriebene.
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Kleiner Hassgesang auf den Föhnboy unter den Philosophen Richard David Precht
Tagged: das rote Schaf, mount everest

Papiermädchen, Susanne Eggert, 2013
Bist du nicht der Kerl?
He! Bist du nicht der Kerl, der die Tränen seiner Frau trinkt?! ruft sie.
Es ist früh am Tage, sie liegt noch im Bett, zerzaust wie ein Vögelchen, das in den Regen gekommen ist, und sie hat gleich den ersten Job für mich: eine Morgenträne, schon halb die Backe runter, Richtung Hals kullernd.
Frühstück!
(Erst mal was Herzhaftes.)
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Vor dem Essen ging ich mit dem Hund in den Wald und pinkelte mir übers Notizbuch. Aus Versehen natürlich, doch was heißt das schon. Passiert ist passiert, gepisst ist gepisst.
Man muss so etwas nicht erzählen, natürlich nicht, ist ja peinlich irgendwie, sich übers Notizbuch zu schiffen, das kann man auch (sehr) schön für sich behalten. Das muss man nicht erzählen, nur weil es passiert ist. Das Leben ist keine Erzähldiktatur.
Es gibt keinen Strafbefehl, wenn du das für dich behältst, nicht mal die Bußgeldstelle schickt einen Bescheid raus. Du kannst alles für dich behalten, was schiefläuft im Leben, die kleinen Niederlagen, all das Malheur.
Wenn dir das lieber ist.
aus:
auf 500beine

Cloud
Sie ist im Vermietungsteil der Zeitung unterwegs.
“Altbauch-Arme..?”liest sie. “Was zum Teufel sind denn Altbauch-Arme?”
Es dauert einen Moment, bis ich dahinterkomme, ich falle fast darauf rein, doch ihr Grinsen verrät es: Altbau-Charme.
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Aus dem Notizbuch der Gräfin
Ich schlaf gleich um mich!
Die Handtasche einer Frau
Es reicht, einen Blick in die Handtasche einer Frau zu werfen und du weißt, mit wem du es zu tun hast, sagt der Volksmund.
Nun trug die Gräfin keine Handtasche, als wir uns beim Tucholsky-Abend im Saal über der alten Stadtbücherei kennenlernten, doch als sie einen Stift suchte, um ihre Telefonnummer zu notieren, riskierte ich einen Blick in ihre Jackentasche:
1 Radiergummi, ein halbes Hanuta.
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Tagged: Der rote Sommerschirm

Der Schrei – Cartoon Susanne Eggert
Knofinke kommt
Tagged: Erfahrung
Pferd
In Vorwegnahme
Susanne Eggerts Tischgespräche (1)
“Die sollen endlich mal Fleisch erfinden, das man nicht erst töten muss, um es essen zu können, Joe.”
Tagged: fleisch

Kalender
2011 gab der Grafiker Dirk Möllmann einen Kalender mit Foto-Motiven aus dem Solinger Stadtgebiet heraus, lauter vergessenen Orten, toten Winkeln, verrammelten Trinkhallen. Ein bisschen brav, doch Idee und Konzept stimmte.
Für 2014 hat Möllmann nun Künstler beauftragt, einen Blick auf ihre Heimatstadt zu werfen, mit den Mitteln ihrer Wahl.
Auf dem Kalenderblatt Mai lässt Fotograf Michael Tettinger die wacker schuftende Lieferfrau, ein Solinger Original aus den Zeiten der Industrialisierung, wie schwerelos durch die Wupperberge wandeln.
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Sie war ständig auf Achse, einen Korb Scheren oder Messern auf dem Kopf balancierend. Ein Bild, das an Afrika erinnerte. Nur dass es für die Frauen hierzulande zwischen Kotten und Fabrik hin und her ging, nicht zwischen Herd und Wasserstelle.
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Das Motiv des Monats April 2014, gemalt von Susanne Eggert, zeigt ein Original unserer Tage: den stadtbekannten Hundeführer Benno, der gern mit zehntausend Hunden bewaffnet durch die Strassen der Klingenstadt streift.
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Der Solingen Art Kalender 2014 ist ab sofort im Buchhandel erhältlich, zum Preis von 15 Euro.
Tagged: Der Alternative Solingen Kalender 2014

Darauf seufze ich einen mit
“Jeden Tag geht irgendwo in meinem Gehirn das Licht an und leuchtet eine der Nischen aus, in denen sich meine Kindheit verbirgt.”
Die Gräfin wuchs am Rande von Düsseldorf auf, in Hochdahl, einem kleinen Garten Eden. Das Zwei-Familien-Haus, (“wir wohnten links und rechts die alte Frau Krämer, die Hühnermörderin, mit ihrer Schäferhündin Senta”), gehörte dem Stromkonzern RWE, für den ihr Vater als Programmierer arbeitete. Der Mietvertrag wurde stets nur um ein Jahr verlängert, weil das Gelände einem künftigen Industriepark im Wege war und abgerissen werden sollte. Das Gute daran: es wurde nichts modernisiert.
Lange Zeit blieb alles, wie es war. Da das Haus nicht an die Kanalisation angeschlossen war, gab es im Garten ein Plumpsklo. Neben der Scheune stand ein Brunnen, aus dem das Wasser gepumpt wurde. Der Brunnen war abgedeckt, damit die Kinder nicht reinfallen konnten. Gebadet wurde einmal die Woche in einer Zinkbadewanne in der Wohnküche, das Badewasser musste auf dem Herd mühsam erhitzt werden, Pott für Pott, Kessel für Kessel.
“Direkt hinterm Haus rauschte ein wilder Bach, der im Sommer schnell Hochwasser führte. Schon ein einziger Sturzregen genügte, und ich war nicht mehr zu bremsen: Anlauf, Köpper – yippiiehhh-yeahh, rein! Der Bach war sauber, aber voller Blutegel. Wenn ich aus dem Wasser stieg, hatte ich die Beine voll bis obenhin. Sofort kam Mutter angelaufen und riss die Dinger runter. Das muss sein!, rief sie immer. Ich hab geschrien vor Schmerz. Aber sobald die Blutegel runter waren, stürzte ich mich sofort wieder in die Fluten. Ich war Tarzan.”
“Tarzan..? Wie, nicht Jane?”
“Na doch, klar. Ich war Tarzan und Jane. Und Cheetah, der Affe. Schon als Kind war ich erst dann glücklich, wenn ich alles hatte.”
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Wenn sie vom Spielen aus dem nahen Wald reinkam und die schmutzigen Klamotten auszog, durchsuchte ihre Mutter die Taschen, damit nichts in der Wäsche landete, was da nicht reingehörte. Einmal fischte sie eine tote Kröte heraus und fiel fast in Ohnmacht.
“Wenn meine Mutter gewusst hätte, was ich draussen im Wald alles angefasst hab, Frösche, glitschigen Fischlaich und was sonst noch alles, sie hätte mich nicht mehr in den Wald gelassen. Jedenfalls nicht mit Händen.”
“Nun sei mal doch einmal etwas damenhaft!” Ihre Mutter schüttelte verständnislos den Kopf. “Du siehst immer so aus, als würdest du gleich die Bäume rauf wollen.”
“Oh ja, die Bäume rauf!” tanzte die kleine Gräfin durch ihren Garten Eden.
Im Plumpsklo saßen die herrlichsten Riesenspinnen an der Wand, die man sich denken konnte. Sie zitterten bei Durchzug wie Urwaldmonster, und ihre Netze waren immer gut gefüllt. Scheißhausfliegen hauchten darin ihr Leben aus, und bunt schillernde Scheißhauskäfer. Ein Geschäft machen bedeutete immer auch Insekten studieren. Das Prinzip des Lebens kennenlernen: fressen und gefressen werden, oder fliehen und woanders weiterfressen.
Erst als die Gräfin das Teenageralter erreichte, war das Plumpsklo über Nacht nicht mehr zeitgemäß. Sie traute sich kaum noch, Schulfreundinnen heimzubringen, aus Angst, die Mädels könnten sich lustig machten über das stinkige alte WC im Garten. Die Riesenspinnen.
Das Paradies.
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Als mit 13 die erste Periode kam, deckte sie sich am Kiosk mit Ungarischen Chips ein und blieb zur Freude der Mama endlich mal daheim, mit einem guten Buch, ihrem Lieblingsbuch, dem Buch aller Bücher, noch vor Wilhelm Busch.
“Tom!!”
Huckleberry Finn war ihr großes Idol. So wollte sie leben. Nur der Freiheit verpflichtet, in den Tag hinein. Hin und wieder ein Meerschaumpfeifchen stopfen und in der Tonne wohnen. Unbedingt in der Tonne, ohne Teppich. Teppiche waren ihr ein Gräuel. Man lief so viel besser direkt auf Steinboden. Oder barfuß über abgeerntete Stoppelfelder, bis die Fußsohlen bluteten.
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Mark Twains kultivierte, zu Herzen gehende Sprache hatte sie ganz allein für sich entdeckt, in der Autobücherei, die einmal im Monat Station vorm Kemperdieck machte. Sie las Die Abenteuer von Tom Saywer ein ums andere Mal, konnte nicht genug davon kriegen. Es war wie eine Sucht.
“Mark Twain hat meine Lust auf Sprache erst geweckt.”
Zwar ist sie auch ihrem Vater dankbar, der ihr abends vorm Einschlafen gern Gedichte vorlas. Beim Erlkönig musste die kleine Gräfin jedes Mal weinen, wenn der Vater in der dunklen Nacht mit dem Kinde davonreitet, mit wehendem Mantel und bangem Herz, doch das war nichts gegen die Prüfungen, die Tom Saywer und Huckleberry Finn zu bestehen hatten. Zwei Freunde gegen das Böse in der Welt. Und nicht zu vergessen Tante Polly, die so gern eine richtig strenge Tante gewesen wäre, doch ein zu großes Herz hatte.
Das Herz des Mississippi.
“Ach, die Kindheit kommt nie wieder”, seufzt die Gräfin.
Darauf seufze ich einen mit.
“Es kommt niemals auch nur irgendetwas wieder..”
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Tagged: Blutegel, Der Brunnen, Gräfin, Huckleberry Finn, in alter Zinkbadewanne baden, Mark Twain, Nischen der Kindheit ausleuchten, Plumpsklo, Tom Saywer, Tom Saywer und Huckelberry Finn

Den Schmetterling kicken
Susanne Eggerts Tischgespräche (18)

When Autumn comes to town

Das Eggert in der modernen Kunst

Susanne Eggerts Tischgespräche (18)
